Uelzen, am Montag den 18.08.2025

Alles sicher, aber — Polizei legt Statistik vor

von Carlo Eggeling am 14.03.2024


Corona ist vorbei, die neue Normalität hat bekannte Folgen -- mehr Kriminalität. Was Innenministerin Daniela Behrens fürs Land Niedersachsen bilanzierte, zeichnet sich auch in der Polizeiinspektion Lüneburg ab. Chefin Stefanie Lerche und Kripo-Leiter Holger Burmeister erklärten am Vormittag die Hintergründe der Polizeilichen Kriminalstatistik. 13 881 Straftaten registrierte die Polizei in Stadt und Kreis im vergangenen Jahr, gut 1400 mehr als ein Jahr zuvor und damit ein Anstieg von 11,5 Prozent. Die Aufklärungsquote lag bei gut 59 Prozent, ein bisschen besser als 2022. In den ebenfalls zur PI zählenden Kreisen Uelzen und Lüchow-Dannenberg war die Entwicklung moderater, die Aufklärungsquote lag bei mehr als 70 Prozent.

16 Straftaten gegen das Leben nennt das Zahlenwerk für Lüneburg, drei weniger als 2022. Bei elf blieb es beim Versuch. Ein Mord, inzwischen abgeurteilt, hat ein 19-Jähriger an seiner Freundin begangenen, auch bei einer zweite Tat tötete ein Mann seine Partnerin, der dritte Fall war ein zu stark mit schmerzstillenden Opiaten dosiertes Pflaster. Zwei weitere Fälle betreffen Schwangerschaftsabbrüche. Warum diese beiden Tötungen in Lüneburg aufgeführt werden, ist unklar, die Tatorte lagen außerhalb Niedersachsens. Normalerweise gilt eben das Tatortprinzip.

Die starke Zunahme bei Sexualdelikten um 60 auf 338 Fälle erklärt Burmeister mit mit dem Anstieg der ermittelten Taten im Bereich Kinderpornografie: ein pluas von 62 auf 178 Taten (plus 53 Prozent). Strafverfolgungsbehörden in den USA werten diesen Bereich intensiver aus, geben Erkenntnisse ans Bundeskriminalamt weiter, konkrete Ermittlungen werden dann lokal geführt. Sechs Kollegen ermitteln in diesem Bereich, unterstützt von weiteren in der Technik und der Bereitschaftspolizei. Ie Datenmengen wachsen seit Jahren.

Eine Rolle bei der Zunahme spiele aber auch, dass Teenager selber Nacktaufnahmen von sich fertigen, die dann über Chats und soziale Medien verbreitet und heruntergeladen werden -- eben das ist strafbar.

Zunahmen gab es bei Eigentumsdelikten, Ladendiebstahl habe sich beispielsweise mit 1132 Taten beinahe verdoppelt. Dass die Taten bemerkt werden, habe etwa mit besseren Sicherheitsmaßnahmen, mehr Ladendetektiven und einer höheren Bereitschaft, Delikte anzuzuzeigen, zu tun. Dazu kommt: In Corona-Zeiten waren Läden geschlossen, das ist nun anders. Aber wie die Innenministerin sehen die Polizeichefs auch soziale Gründe: steigende Preise. Das machen die Ermittler auch daran fest, dass sie weniger reisende Tatverdächtige dingfest machen, viele stammen aus der Region.

Dazu kommt Beschaffungskriminalität: Kosmetika und Parfüm gelten unter Süchtigen als zweite Währung. In diesem Bereich steigen auch die Autoaufbrüche an. Hier kommt es auch zu sogenannten Rohheitsdelikten: Ertappte Täter schlagen um sich.

Eine große Serie von Aufbrüchen an Handwerker-Transporter ging auf. Eine osteuropäische Band, die aber eine lokale Anbindung hat, soll für 150 Taten im Nordosten des Landes verantwortlich sein. Einen Teil der Werkzeuge habe man nach Durchsuchungen zurückgeben können. Einzelheiten nannte Burmeister nicht: "Ein laufendes Ermittlungsverfahren."

Beim Fahrrad-Klau sind Stefanie Lerche und ihre Mitarbeiter froh, dass sie quasi den Stand halten 1332 Velos kamen weg, 22 mehr als 2022. Schaden: 1,5 Millionen Euro, gut 900 Euro pro Rad -- das zeigt, Täter greifen gern bei hochpreisigen Rädern zu. Elektro-Bikes kosten in der Regel mehrere Tausend Euro. Tätergruppen aus Hamburg konnte die Polizei ermitteln, dazu kommen lokale Täter dazu. Auch das Rad ist eine Währung im Drogen-Milieu.

Bei der Drogen- und sogenannten Clan-Kriminalität wollen die Beamten auch künftig einen Schwerpunkt setzen. Es gehe um Strukturen, betobte Burmeister. Die Zahl der Taten selber bewege sich in einem geringen Bereich, doch das einschüchternde Auftreten von Tätern und ihre Haltung, dass sie Regeln nicht interessierten, sei nicht hinnehmbar. Dazu gehören auch die ständigen Kontrollen auf der Straße und rund um ein Lokal und eine Spielhalle mitten in der Stadt, die seit Jahren im Ruf stehen, dass dort auch Drogen beziehungsweise im Umfeld zu bekommen sind.

Die Polizei setzt fort, was sie seit Jahren macht: Zusammenarbeit mit an deren Behörden wie Zoll, Finanzamt, Schwarzarbeitsfahndern, Stadt und Landkreis. Intern arbeiten mehrere Ermittler an der Auswertung und tragen Lagebilder zusammen. Doch das, was man ahnt, muss eben auch in einem Strafverfahren bestehen können. Da gibt es augenscheinlich gewisse Diskrepanzen -- was in Polizei- und Justizkreisen unter der Hand auch eingeräumt wird.

Bei der Zahl der Tatverdächtigen auf 9045 verzeichnet die Polizei ein Plaus von 665 oder 7,3 Prozent. Bei Kinder beziehungsweise Jugendlichen fiel die Zunahme mit reichlich zehn beziehungsweis gut elf Prozent deutlich höher aus. Wie die Innenministerin sehen auch die Lüneburger einen gewissen Nachholeffekt typischer Jugenddelikte, Stichwort Corona. Für härtere Strafen oder eine Herabsetzung der Strafmündigkeit plädiert die ehemaligen Jugendsachbearbeiterin Lerche nicht: Kita, Schule und Vereine seien besser geeignet präventiv und damit erfolgreich zu arbeiten. 74 Prozent der Verdächtigen besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft.

Fazit: Trotz gestiegener Kriminalität lebe es sich sicher zwischen Elbe und Heide. Carlo Eggeling

© Fotos: ca


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