Uelzen, am Montag den 18.08.2025

Der Mann für gesunde Zahlen. Rolf Sauer war Chef des Städtischen Gesundheitskonzerns

von Carlo Eggeling am 13.06.2023


Das Titelbild passt; der Geschäftsführer tritt in die Pedale vor der Kulisse der Psychiatrischen Klinik, zwei Botschaften: Die erste, er legt sich ins Zeug für Klinik und Gesundheitsholding, die zweite, er fährt davon in den Ruhestand. 16 Jahre lenkte Rolf Sauer den städtischen Konzern, mit ihm endet eine Ära. Die der Gründung, die des alleinigen Chefs. Künftig steht ein Trio an der Spitze. Auf die Gesundheitsholding kommen keine einfachen Zeiten zu, denn steigenden Kosten folgen nicht unbedingt steigende Einnahmen. Das beklagt die Branche landauf landab.

In Sauers Büro hing ein Plakat, das an die mystische Geschichte Des Herrn der Ringe anknüpft. Statt Frodo, der den Ring tragen muss, mit dem er die Welt rettet, zeigt es das Konterfei Sauers. Mitarbeiter haben es ihm geschenkt, eine Anerkennung. Es passt überdies zu der Erzählung, nach der er das alte Landeskrankenhaus in die die Gesundheitsholding gerettet und eine Zukunft geschaffen habe.

Das war natürlich ein bisschen anders. Aber es fällt schon auf, dass ein Name weder im umfangreichen Abschiedsartikel der LZ noch in der Mitarbeiterzeitung der Klinik vorkommt: Ulrich Mädge. Der hatte neben anderen maßgeblichen Anteil daran, dass die Stadt den Gesundheitskonzern schuf.

Ein Blick zurück. Im Jahr 2006 zählte es zu den beherrschenden Themen in Niedersachsen, die damals CDU geführte Landesregierung verkaufte die Landeskrankenhäuser. Mitarbeiter und Gewerkschaft waren entsetzt -- keine Privatisierung. In Lüneburg kam es zu zig Demonstrationen. Die Linie der Stadt war schnell klar: "Wir wollen kaufen, um die Patienten weiter gut zu versorgen." Ratsentscheidungen gingen in diese Richtung. Sozialdemokrat Mädge und seine Crew setzten neben den eigenen unter anderem auf die damaligen Landtagsabgeordneten Andreas Meihsies von den Grünen und vor allem auf Bernd Althusmann, der Christdemokrat und spätere Minister, besaß einigen Einfluss. Es gab ein europaweites Bieterverfahren, dafür benötigte man einen externen Berater, der auch ein Konzept erstellen sollte, die Lüneburger übten Schulterschluss mit anderen Regionen. Hatten Erfolg.

Aber nicht das Städtische Klinikum wurde Eigentümer, die Stadt setzte auf die Holding, weil die Kaufsumme von gut 20 Millionen Euro über Kredite so besser zu finanzieren war. Das alles weiß auch Sauer und der Satz Mädges an die Mitarbeiter lässt ihn noch heute lächeln: "Ich schicke euch meinen besten Mann." Eben Sauer. Der arbeitete mit besorgten Personalräten zusammen, die einen Stellenabbau fürchteten. 2007 gehörten 2200 Mitarbeiter zu dem neuen Konstrukt, heute sind es 3800.

Sauer erzählt, dass damals ein internes Beteiligungsverfahren begann: Wo wollen wir hin? Stolz zeigt er auf drei blaue Ordner in einem Schrank, in dem die "Architektur" vermerkt ist -- und nach der vieles umgesetzt wurde. Am Beginn zählten neben der Psychiatrischen Klinik (PKL) und dem Klinikum, die Salztherme SaLü, das RehaZentrum und die Service Plus Lüneburg GmbH zum Verbund, heute zudem die Städtische Pflegezentrum Lüneburg gGmbH, das Ambulanzzentrum am Klinikum, Ortho-Klinik, Tageszentrum am Kurpark und das Fitnessstudio sports & friends. In einem Gesundheitssystem, in dem auch Größe eine Rolle spielt, hat sich Lüneburg aufgestellt -- und wächst weiter.

Schon in den Anfängen habe man auf Gemeinsamkeiten gesetzt, um Kosten zu sparen, etwa mit einer zentralen Apotheke. "Für das erste Jahr waren wir damals von einem Minus von 800 000 Euro ausgegangen", sagt Sauer mit seinem verschmitzten Lächeln und der Lust auf eine Pointe: "Es wurden 800 000 Euro Plus."

Sauer kannte sich mit dramatischen Finanzen aus. Er kam 1996 aus der Kämmerei in Gelsenkirchen, der Stadt, die in Nordrhein-Westfalen die tiefrotesten Zahlen schrieb, nach Lüneburg. An der Ilmenau lebte man finanziell im Tal der Tränen. Er habe ein Haushaltssicherungskonzept geschrieben, langsam wurde es besser. Ein Jahrzehnt später dann die Herausforderung Gesundheitsholding. Am Anfang ein Nebenjob neben der Kämmerei, dann der komplette Wechsel zur Holding. Durchaus mit Unterstützung Mädges, der wusste, welche Herausforderung der Gesundheitskonzern werden würde -- neben den Chancen für die Stadt und Sauer.

Der Chef ist beliebt, Mitarbeiter schätzen seine Art, der rheinische Tonfall des gebürtigen Koblenzers vermittelt eine gewisse Gemütlichkeit und Zugewandheit. Sein Büro ist nicht besonders groß, Schreibtisch, dazu eine Sitzgruppe, vier Lüneburg-Ansichten an den Wänden. Zur Arbeit strampelt er aus Oedeme mit dem Rad, zehn Kilometer bei gutem, fünfeinhalb bei schlechtem Wetter, sagt er mit einem Lächeln: "Um mich fit zu halten." Es wirkt bewusst bescheiden. Ehrensache, dass er sich zudem für die Gedenkstätte einsetzt, die an die mörderischen Jahre der Psychiatrie im Nationalsozialismus erinnert.

Es gab Pläne, Sauer eine kommunale Managerin folgen zu lassen. Sauer hat sicher seinen Anteil, dass es nicht so kam und nun ein kooperativer Führungsstil den Konzern lenken soll: die drei Geschäftsführer des Klinikums, der PKL und der Kurmittel GmbH. Das macht Entscheidungen demokratischer, im Zweifel schwieriger.

"Ich gehe nicht glücklich, aber zufrieden", sagt Sauer. Selbstverständlich entwickeln sich die Häuser weiter. Dafür hat er einiges mit eingetütet: Auf dem PKL-Gelände wächst in mehreren Schritten ein Neubau für Psychiatrie und Psychotherapie, aktuell mit rund 50 Millionen Euro kalkuliert. Für das Klinikum stehen ebenfalls Ausbaupläne an, die Rede ist von fast 230 Millionen Euro. Stadt und Kreis wollen jeweils 20 Millionen Euro zuschießen -- ein Bekenntnis zur Gesundheitsholding. Und zu dem Werk, das Sauer mitaufgebaut hat, wie einige andere. Geschichte ist ja nie ein Ein-Personen-Stück. Carlo Eggeling

Die Fotos zeigen Sauer und das PKL-Gelände sowie eine Ansicht des Neubaus.

© Fotos: ca


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