Uelzen, am Montag den 18.08.2025

Die andere Seite der Erzählung

von Carlo Eggeling am 18.11.2023


Meine Woche
Theater

Wer regiert, liebt das Theater der Illusionen. Unsere Landtagsabgeordneten, die der rot-grünen Landesregierung verbunden sind, verkünden immer wieder stolz, was Hannover alles Tolles macht. Obwohl die Kassen arg leer seien. So plant die Regierung zwei Millionen Euro ein, um die Polizei bei der mobilen Digitalisierung schlagkräftiger zu machen. Applaus. Der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft GdP, Kevin Komolka, jubelt nicht: "Es scheint ganz so, als ob trotz allgegenwärtiger sozialer Krisenstimmung die Innere Sicherheit keine gesonderte Priorität für die Landesregierung hat." Im Politik-Info-Brief "Rundblick" ist nachzulesen, wie bahnbrechend Hannover aus Komolkas Sicht voranschreitet: "In Anbetracht der geschätzten Kosten für rund 10 000 Geräte, die für 2024 anvisiert waren, sind zwei Millionen Euro ein Tropfen auf den heißen Stein. Von den anderen Investitionsbereichen, die überhaupt nicht bedacht wurden, gar nicht zu reden."

Polizisten erzählen, dass sie immer wieder ihre privaten Smartphones nutzen, wenn sie ausrücken. Sonst sähen sie ziemlich alt aus. Dass die Gegenseite bestens digital gerüstet ist, hört man in Gerichtssälen oder wenn man mit dem ein oder anderen spricht, der eine besitzergreifendere Auffassung von Mein und Dein vertritt als der Rechtsstaat. Na ja. Aber immer schön, zu vermitteln, es läuft.

So ist es auch beim Lüneburger Theater. Das ist gerettet. Stimmt für das nächste Jahr. Trotzdem scheint es eher ein Etappensieg, denn gilt es doch die Frage zu klären, wie eine dauerhafte Finanzierung gelingt. Kleinlich? Ich sehe es ähnlich wie mein alter Chef und Kollege Hans-Herbert Jenckel: Schräg, dass Oberbürgermeisterin, Landrat und andere Strategen dem klammen Theater mangels eigener Entschlussfreudigkeit ein knapp 100 000 Euro teures Gutachten auf die Schulter gelegt hatten, das bestätigt, was alle wissen.

Aber es kommt noch besser: Es geht um die nächsten Tarifsteigerungen für die Crew, die das Land noch stärker unterfüttern müsste. Zudem haben die Musikanten bislang auf ein Fünftel ihres Salärs verzichtet. Hans-Herbert beschreibt es treffend: "Die gut organisierten Geigen und Bratschen haben bisher schon auf Lohnansprüche verzichtet – daran werden sie angesichts der Inflation nicht unbedingt festhalten. Das mühsam aufgebaut Finanz-Kartenhaus von Landkreis, Stadt und Land kann also schnell wieder wackeln. Genau deswegen muss die Politik das Haus jetzt dauerhaft krisenfest machen. Da kann sich die Politik beweisen." Hans, wir wissen: Das machen die Herren und Damen. Oder? Sonst können wir wieder rummäkeln.

Eine gewisse Einsicht beweist Wolf von Nordheim. Dem hat das Verwaltungsgericht erklärt, dass er selber die Grüne Ratsfraktion verlassen hat. Er hatte geklagt, dass die alten Freunde ihm den Stuhl vor die Tür gestellt hätten. Die Richter setzten ihm auseinander, dass er da irgendwie etwas durcheinanderbringt. Er darf nicht mehr mitmachen.

Das ist wohl schwierig für ihn. Aus grünen Kreisen -- auch wenn ihr eigentlich nicht mit mir sprecht: Es war nicht nur eine/r -- ist zu hören, dass von Nordheim nach Fraktionssitzungen schon mal im Anno 1900 bei Martin Lühmann auftaucht, sich demonstrativ neben den grünen Stammtisch setzt und seine Tasche sogar auf den angestammten Platz des Fraktionsvorsitzenden Ulrich Blanck stellt. Das wiederum fand die grüne Schar nicht schön. Es bleibt dabei: in, nein neben, der Stadtfraktion ein einsamer Wolf. Im Rat haben wir ihn übrigens vermisst. Dafür darf der ehemalige Kirchenmann im Kreis weiter mitmachen. Ach ja, ich hätte auch gern mit von Nordheim gesprochen, aber der hat signalisiert, dass er das nicht möchte.

Kommen wir zum nächsten Stück im Illusionstheater. Verfolgt man die Lokalzeitung, aber auch die überregionalen Medien, könnte man ja glauben, junge Menschen wollen alle Lastenrad und Co. fahren. Doch Fridays for Future scheint eine Konkurrenzverantstaltung zu haben Fridays for Fahrzeug. Im Spiegel war nachzulesen, dass der Mobilitätsforscher Tobias Kuhnimhof, der an der RWTH Aachen lehrt, eben das herausgefunden hat.

Ja, weniger junge Leute zwischen 18 und 34 Jahren besitzen selber ein Auto, doch der Nachwuchs nutzt gern den Zweit- und Drittwagen von Mama und Papa. "Praktikabilität schlägt Gewissen, das bequeme Auto den umständlichen ÖPNV", notiert der Artikel. Wer zur Uni muss oder ausgehen will, nutzt gern den Wagen. Das Bild der großen Trendwende zeigt sich auch anderer Stelle nicht, denn laut Kuhnimhof liegt die Führerscheinquote ähnlich hoch wie in der Vergangenheit. Viele aus der Generation Greta finden E-Autos toll.

Allerdings brauchen auch die Platz und stehen genauso im Stau oder am Straßenrand. Daraus folgt am Ende, der Glaube, neue Generation und es wird anders, geht nicht auf. Wer also jetzt Wohngebiete oder die berühmte Nachverdichtung plant und die bislang vorgeschriebenen Parkplätze streichen möchte, um das Bauen billiger zu machen, müsste gleichzeitig einen engen Takt bei Bus und Bahn umsetzen. Ich bin mir sicher, daran denken die Minister, aber auch die Chefs in Landratsämtern und Rathäusern.

Respekt für Landrat Jens Böther. Der Christdemokrat hat seine Krebserkrankung in einer Pressemitteilung öffentlich gemacht, teilt mit, dass er längere Zeit ausfällt und Erste Kreisrätin Yvonne Hobro seinen Job so lange übernimmt. Klare Worte, sachlich. Das kann nicht jeder. Gute Besserung und auf dass alles so läuft, wie es gut für Sie ist. Carlo Eggeling

© Fotos: ca


Kommentare Kommentare


Zu diesem Artikel wurden bisher keine Kommentare abgegeben.



Kommentar posten Kommentar posten

Ihr Name*:

Ihre E-Mailadresse*:
Bleibt geheim und wird nicht angezeigt

Ihr Kommentar:



Lüneburg Aktuell auf Facebook