Uelzen, am Montag den 18.08.2025

Ein Leben ohne Kompromisse

von Christiane Bleumer am 28.09.2015


Nicht nur die Sprache beeindruckte: Beate Weidenhammer, Martin Skoda und Johannes Merz in ihren farbenfreudigen Kostümen. Die drei gehören zum Figurenensemble in Molierès "Menschenfeind".

Das riesige Porträt des Dichters auf dem Vorhang des Lüneburger Theaters ist mit dunkelrot gefärbten Lippen versehen und deutet schon an, dass es in den kommenden gut zwei Stunden nicht so ganz ernst zugehen wird. Die besondere Präsenz des 1622 in Paris geborenen französischen Dramatikers Molière hat aber noch einen anderen Grund. Die Figur des Misanthropen Alceste ist ungewöhnlich stark autobiographisch geprägt. Zudem wurde diese Rolle damals von Molière selbst gespielt und so spiegelt sich in der Komödie, die am gestrigen Freitag, 25. September, ihre begeistert beklatschte Premiere feierte, offensichtlich Molières eigene Unlust wider, sich auf dem glatten Parkett der Hofgesellschaft opportunistisch und angepasst zu verhalten.

Die gleichen Sorgen treiben auch Alceste (Philip Richert) um. Er verabscheut die allzu oft vorgespielte Höflichkeit in der Gesellschaft, möchte ehrlich und wahrhaftig sein. Dafür nimmt der Idealist in Kauf, sich mit seiner ehrlichen und direkten Art viele Feinde zu machen. Sein Freund Philinte (Johannes Merz) versucht ihn erfolglos davon abzubringen und fordert ihn zur Mäßigung und einer gewissen Anpassung auf. Doch dann verliebt sich Alceste ausgerechnet in Célimène (Beate Weidenhammer), die sich in dieser Gesellschaft heimisch fühlt. Alceste will Célimène aus dieser Welt befreien und sie zu einer Frau machen, die seinen Idealen entspricht. Sie ist jedoch nicht bereit, ihren Lebensstil aufzugeben und wendet sich von Alceste ab, der daraufhin allein zurückbleibt.

Das Bühnenbild von Bettina Köpp setzt auf klare Bilder und nur wenige Requisiten, die den Stil des 17. Jahrhunderts perfekt widerspiegeln. Als Farbtupfer sind die Kostüme hervorzuheben, die den Figuren auf den Leib geschneidert sind und ihre besonderen Charaktereigenschaften hervorheben, sei es die Freizügigkeit Célimènes oder die Geckenhaftigkeit der höfischen Gesellschaft. Für die Lüneburger Inszenierung ist Detlef Altenbeck als Regisseur verantwortlich, der die Spielfreude der Schauspieler ausnutzt und auch ein bisschen Klamauk nicht scheut.

Textlich fordert der Lüneburger Menschenfeind die Schauspieler zu 100 Prozent. Rainer Kohlmeyers Übersetzung aus dem Jahr 2003 ist geprägt von der Suche nach dem idealen Kompromiss zwischen größtmöglicher Originalnähe und lebendiger Gegenwartssprache. Im Falle von Molières "Menschenfeind" bedeutete dies, dass der Germanist eine zeilengenaue Übersetzung der Verse des Originals gemacht hat und dabei die Form mit den gereimten Alexandrinern (12 bis 13 Silben pro Zeile) und seiner unterschiedlichen Figurensprache beibehalten hat. Ein ungewohntes Hörvergnügen für die Zuschauer, das wieder am 4. Oktober um 19.00 Uhr auf dem Spielplan steht.

© Fotos: t&w / Andreas Tamme


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