Uelzen, am Montag den 18.08.2025

Eine Hütte als Politikum — die Öko-Frage

von Carlo Eggeling am 17.10.2023


Als Franziska Röhrs vergangenes Jahr zur Heidekönigin gewählt wurde, soll auch der Landrat in die Kronsberger Heide bei Amelinghausen gekommen sein. Der Dienstwagen von Jens Böther brauchte einen Parkplatz. Klar. Und der Fahrer stellte ihn da ab, wo auch sonst bei Veranstaltungen Autos stehen: auf einem ausgemergelten Stück Boden. Damals verkannt, nun ein Schatz. Heute muss die Frage erlaubt sein: Ist Böther ein Öko-Frevler? Dieses Stückchen Erde zählt aus Sicht der Kreisverwaltung nämlich zu den wertvollsten Flächen zwischen Rehrhof und Reeßeln. In einer Pressemitteilung beschreibt es der Kreis so: ein "Biotop, eine wertvolle Magerrasen-Fläche mit mehr als 30 seltenen Arten".

Auf dem zeitweiligen Parkplatz wuchs inzwischen eine Schutzhütte empor auf rund 30 Quadratmeter Fläche, die Landjugend, bei der sich auch Franziska Röhrs engagiert, hatte Ersatz für einen baufälligen Schuppen geschaffen, ein paar Meter vom alten Standort entfernt. Ein massiver Eingriff in die Natur, wie der nimmermüde Naturstreiter Thomas Mitschke findet und Anzeige gegen diese Ungeheuerlichkeit erstattete. Auch der Kreis findet, so gehe es nicht, es gebe keine Baugenehmigung, ein Verstoß gegen umweltrechtliche Vorgaben. Am Montag verhängte die zuständige Kreisrätin Sigrid Vossers eine Abrissverfügung.

Heute kontern erwartungsgemäß Samtgemeinde und Gemeinde Amelinghausen mit einer Pressemitteilung: "Alle Beteiligten in der Gemeinde Amelinghausen sowie die Bürger der Samtgemeinde, die Touristen und vor allem die Landjugend Amelinghausen sind sichtlich enttäuscht über diese Entscheidung." Die Landjugend hatte die Hütte im Mai in drei Tagen ehrenamtlich aufgestellt und war dafür reichlich gelobt worden.

Samtgemeindebürgermeister Christoph Palesch greift als "skurril" auf, was der Kreis anbietet: So soll die Gemeinde den vermeintlichen Schwarzbau zwar abreißen, gleichzeitig möchte der Kreis einen Neubau unterstützen, selbstverständlich planungsrechtlich tipitopi abgesichert. Allerdings stellt sich die Frage, wie das gehen soll. Denn laut Palesch hat der Kreis das Naturareal ausgeweitet: "Da ist eigentlich kein Platz mehr für eine Hütte."

Erstaunlich empfinden die Amelinghausener, die anders als der Landkreis der Meinung sind, es habe gar keiner Baugenehmigung bedurft, dass der Kreis plötzlich mit weiteren Belangen des Naturschutzes argumentiert, die er bei einem Orstermin Ende August nicht anführte: Ein Uni-Professor kenne das Gelände seit zwanzig Jahren und gehe ob dessen Bedeutung dort regelmäßig mit seinen Studenten auf Exkursion. Gleiche Verblüffung herrscht im Amelinghausener Rathaus bei einer Liste samt Fotos von Dutzenden Pflanzen, die auf dem "sandigen Offenbodenbereich" in froher Habitat-Gemeinschaft leben sollen. Palesch sagt, man habe gebeten zu erfahren, wann die Fotos gemacht wurden und ob sie tatsächlich alle auf der kritischen Fläche entstanden sind. Denn der gemeine Amelinghäuser Heidewanderer habe die Opulenz zuvor nicht entdeckt.

Bürgermeisterin Mareike Witte, wie der Landrat politisch in der CDU zu Hause, bedauert, dass "das tolle ehrenamtliche Engagement der
Landjugend hier letztlich zunichtegemacht werden könnte. Bis zuletzt hoffte ich auf eine positivere Entscheidung aus dem Kreishaus. Nichtsdestotrotz geben wir nicht auf, und werden weiter darum kämpfen, dass unser 'Heideschlösschen' erhalten bleibt."

Auf Seiten im Internet, die Pressemitteilungen beziehungsweise Berichte zur Hütten-Frage veröffentlichen, erfahren die widerständischen Heidjer überwiegend Solidarität. Nur wenige verstehen, worin der dramatische Eingriff liegen soll, da im Prinzip eine neue eine marode Hütte ersetzt und das einen Steinwurf entfernt. Der Landkreis, und damit Landrat Böther, sieht in der Sache nicht gut aus.

Darin mag auch die Erklärung liegen, dass man im Behördenbau Auf dem Michaeliskloster scheinbar aufs Tempo setzt. Palesch kommentiert ironisch: "Ich bin gespannt, ob der Kreis bei Baugenehmigungen künftig ähnlich schnell sein wird." Und es fehlt auch nicht der Hinweis, dass in Zukunft Windräder in Wäldern und anderen sensiblen Bereichen quirlen dürfen. Das Holzhäuschen, das sich in ähnlicher Form in Naturparks wie der Heide oder im Harz findet, aber für so ein Politikum sorgt.

Palesch sagt, in Amelinghausen prüfe man alles, überlege, ob man dann die Widerspruchstelle beim Kreis anrufe und wenn die, wahrscheinlich stütze sie den Landkreis, dann die Sicht Amelinghausens verwerfe, vor Gericht ziehe. Es kann also noch dauern.

Was schön ist, weil unterhaltsam. Volkstheater wie wie Ludwig Thoma. Einer hat schon gewonnen: Palesch. Der zeigt sich tricky, gesetzesfest, hat die Lacher auf seiner Seite und seine Bürger auch. Carlo Eggeling

© Fotos: Leser / Palesch


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