Feminismus und alles andere
von Carlo Eggeling am 02.07.2024Aufgespießt
Nagelprobe
Feminismus kommt heute anders daher, die Zeiten Alice Schwarzers liegen hinter uns. Die Publizistin gilt ihren Nachfahrinnen als veraltet, wenn nicht gar als Feindin. Es ist wie so oft: Die Revolution frisst ihre Kinder. Die Rechte und Definitionen aller, die sich nicht nur als Frau oder Mann lesen, um ein Wort der Bewegung aufzugreifen, bleiben brennend, aber anders.
Heute geht es beispielsweise um Nägel, also Fingernägel. Die tragen Personen gern künstlich. Ich muss gestehen, ich dachte, aus Gründen vermeintlicher Schönheit. Nein, habe ich neulich in einem langen Beitrag im Spiegel gelesen. "Ein Nagelstudio ist mehr als ein Ort der Schönheit", schreibt Anna Dreussi. "Wenn wir gemeinsam in Wohnzimmerstudios sitzen, die elektrische Nagelfeile surrt und unsere Nägel unter UV-Lampen, dann sind wir nah beieinander. Dabei kennen wir uns nicht."
So viel Poesie hätte ich einem Nagelstudio nie zugetraut. Diese Form des Feminismus erinnert mich an klappernde Stricknadeln in Kränzchen von Lila-Latzenhosen-Tussis, die dabei Ina Deter hörten: "Neue Männer braucht das Land."
So ändern sich Zeiten, um gleich zu bleiben. Allen wie auch immer gelesenen Personen mit solchen Nägeln einen revolutionären und unfallfreien Tag. Ein wichtiges Thema hat das ehemals tiefschürfende Nachrichtenmagazin Spiegel nicht beleuchtet. Wie kommt er, sie, es auf der Toilette zu recht? Gemeinsam selbstdefiniertes Klopapier falten und dann?
Aber eigentlich will man das gar nicht vorstellen. carlo
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