LoCarlo: Die Fahrradklingeln schellen empört:
von Winfried Machel am 18.06.2022Die Fahrradklingeln schellen empört: Da fragt die CDU-Ratsfrau Anna Bauseneick Bürger, ob man nicht ein in Auftrag gegebenes Konzept zum Thema Verkehr abwarten wolle, bevor die Stadt mehr als 100 Parkplätze in der Innenstadt wegnimmt. Wie zu erwarten, ist der Ansatz rückwärtsgewandt: Der Klimawandel, CO2-Einsparungen!, klingeln die radikalen Speichen-Prediger. Immerhin hat die Christdemokratin in wenigen Wochen mehr als 800 Unterschriften für ihr Anliegen gesammelt. Sie hat aufgegriffen, was die Initiativen Klima- und Radentscheid ebenso betrieben haben: Bürgerwillen erkunden. Ganz schlecht aber, wenn man unter dem Fahrradhelm die alleinige Wahrheit besitzt und immer auf die Anliegen des Verkehsplans aus den 90er Jahren verweist. Warum solle man nach drei Jahrzehnten manches anders bewerten?
In Lüneburg streicht man derweil Busverbindungen aus der City in die Stadtteile und nimmt klag- und ideenlos hin, dass eine Baustelle an der Ecke Sand und Berge einen guten Monat lang dafür sorgt, dass Buskunden entweder bis zum Bahnhof oder zur Reichenbachstraße tappern müssen, wenn sie nach Hause wollen. Die Rollatorfraktion freut sich über diese Art der Mobilisierung. Wo bleiben der zuständige Landkreis und die Stadt, die für einen Shuttleservice sorgen, um denen eine Alternative zu bieten, die es nicht mehr in den Sattel schaffen oder wollen?
Haagestraße als zweite überflüssige Fahrradstraße. Da kann jeder Radler schon jetzt mühelos strampeln ebenso wie auf der angepinselten Wallstraße. Warum nicht einen Teil des Clamartparks umwandeln zu einer großen Bushaltestelle und den Verkehr über die Kalandstraße abfließen lassen? Dazu ein Angebot von kleinen Bussen, die ständig um den Kern kreisen und in die man einsteigen kann? Für kleines Geld.
Dass das Velo die Verkehrswende nicht alleine auf dem Gepäckträger bewältigt, ist ziemlich klar. Spiegel, Morgenpost und schließlich die LZ haben es mit Bezug auf eine Untersuchung des Umweltbundesamtes, einem Hort der Klimaschützer, berichtet: "Dieser (Blick) zeigt, wie die Verkehrsemissionen im Jahr 2030 um rund 41 Millionen Tonnen Treibhausgase gesenkt werden können In nur einem der acht aufgestellten Punkte taucht das Fahrrad auf – und das auch nur als Beiwerk. Zusammen mit dem ÖPNV und dem Fußverkehr könnte dieser sogenannte Umweltverbund insgesamt zwei bis drei Millionen Tonnen Treibhausgase einsparen. Ein Großteil entfällt allerdings auf Bus und Bahn."
Es folgt ein Blick auf Hamburg: „Eine wirkliche Verkehrswende kann nur mit dem ÖPNV funktionieren, dieser Fokus ist in Hamburg aus den Augen geraten“, sagt ADAC-Sprecher Christian Hieff. „Das Fahrrad schafft etwa 3,4 Millionen Personenkilometer pro Tag. Die Öffis schaffen bis zu 25,9 Millionen.“ Das komme daher, dass Arbeitswege, die länger als fünf Kilometer seien, oft nicht mehr per Rad abgestrampelt würden. Hier dominierten Bus und Bahn – oder eben das Auto.
Liegt nahe, den Bus mitzudenken und nicht unattraktiver zu machen. Und Alternativen anzubieten für die, die aus Reinstorf, Reeßeln und Rehlingen, aber auch Rellingen und Rosche in die Stadt kommen, um hier zu arbeiten, einzukaufen oder Kultur und Gastronomie genießen. Auf manche Entfernung klappt es nicht mit dem E-Bike und dem Bus. Ein Angebot: Zumindest etwa an verkaufsoffenen Sonntagen kostenlosens Parken auf den Sülzwiesen. Statt die ewiger Verbote und Einschränkungen etwas Positives vermitteln. Mit viel Werbung, damit Kunden kommen, die Kassen klingeln und damit Steuern, um alle Ideen auch zu finanzieren.
Mehr Engagement wäre auch dem Lüneburger Citymanagement zu wünschen. Die Handelsorganisation tagte am Mittwochabend in der Krone. War in vergangenen Jahren nur mit Mühe ein Stuhl zu bekommen, blieben dieses Mal viele leer. Von den gut 50 Gästen kamen wohl 40 von der Marketinggesellschaft, aus der Politik und der Presse. Nach eigenen Angaben zählt die LCM 250 Mitglieder.
Ob die LCM nicht mehr als Interessenvertretung gesehen wird? Ob jeder mit sicher selber und dem Überleben genug zu tun hat? Ob der frische Wind fehlt bei einem ewigen Vorstand, dessen Spitze (Vielleicht) mangels Alternativen im Amt bestätigt wurde? Spekulation. Aufgaben gebe es reichlich angesichts des Leerstands in der Stadt. Und die Rechnung, dass angeblich die Hälfte der leerstehenden Geschäfte neue Mieter aufweist, greift nur bedingt: Es handelt sich oftmals um Umzüge, wie bei Lünebuch, Camp David, Butlers oder Günsche.
Die Sonne lacht, das Stadtfest ist nach drei Jahren zurück, auch wenn es nun Lüneburg feiert heißt. Das macht Spaß und gute Laune. Lohnt sich. Gutes Wochenende, egal, ob sie zu Fuß, mit dem Rad, dem Bus oder dem Auto kommen. Bei der Musik klingeln einem die Ohren. Carlo Eggeling
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