LoCarlo: Einsatzbereit unter erschwerten Bedingungen
von Winfried Machel am 22.05.2022Die Feuerwehr trifft sich nach zwei Jahren Zwangspause zur Jahresversammlung und zieht Bilanz
837mal rückte die Lüneburger Feuerwehr vergangenes Jahr aus, 150mal mehr als 2020, in diesem Jahr bewältigten die Brandbekämpfer bereits 350 Einsätze -- Stadtbrandmeister Thorsten Diesterhöft ging am Freitagabend bei der Mitgliederversammlung der Brandbekämpfer davon aus, dass seine Kameraden in 2022 zum ersten Mal in ihrer Geschichte die Marke von 1000 Einsätzen reißen könnten. Zweimal musste die Jahresversammlung ausfallen; Corona. Nun kamen die Frauen und Männer wieder zusammen, allerdings eingeschränkt ohne Gäste mit nur hundert Teilnehmern, sonst sind es gut dreimal so viele gewesen. Doch es zeigte sich, was ein großer Motivator der Ehrenamtlichen ist: Zusammenhalt und Gemeinsamkeit.
Auch wenn die Regeln inzwischen lockerer ausfallen, setzt Corona Grenzen, das betonten sowohl Diesterhöft als auch der Vorsitzende des Stadtfeuerwehrverbandes, Uwe Heinatz. Der Chef des Fördervereins der Wehr betonte, wie wichtig es sei, sich wieder "in Präsenz" zu treffen, trotz des Murrens, dass eben nicht jeder Platz nehmen konnte.
Präsenz zeigte die Wehr immer wieder. 159 Menschen habe man vergangenes Jahr bei Bränden und Unfällen gerettet, bilanzierte Volker Gätjens, Stellvertreter Diesthöfts. Etwa als es am 21. Februar 2021 in einer Unterkunft des Lebensraums Diakonie Am Springintgut brannte, und die Helfer vier Bewohner mit einer Drehleiter aus dem verqualmten Haus holten. Oder als es Ende Juli in der Psychiatrischen Klinik brannte, nachdem eine Patientin in ihrem Zimmer eine Matratze angezündet hatte, mehr als 80 Patienten wurden aus dem sogenannten Neubau evakuiert. Eine Brandserie, für die Jugendliche verantwortlich waren, hielt die Helfer über Wochen in Atem: Container standen in Flammen, auch an der Ratsbücherei -- der Einsatz rettete Schätze aus mehreren Jahrhunderten. Dazu kommt Hilfe, die ganz unspektakulär ist: Mieter aus feststeckenden Fahrstühlen befreien, Türen für den Rettungsdienst öffnen, um an Kranke und Verletzte heranzukommen. Dazu kommen Unwettereinsätze, wie im September, als die vier Wehren der Stadt 84 Einsätze bewältigten.
Auf der Seele liegt den Frauen und Männer, wenn sie nichts mehr tun können. So wie Anfang Juli am Hagemannsweg am Standrand zu Bardowick: Beim Reinigen eines Schachtes mit einer Salzsäurelösung waren zwei Männer in den Kanal gestürzt und blieben bewusstlos zurück. Die Helfer kämpften vor den Augen der verzweifelten Familie mit großem Aufgebot und Aufwand, um die beiden zu befreien. Vergeblich, die Männer starben.
Für die Aktiven bedeutete die Corona-Zeit, wie auch für die Wehren im Kreis, dass sie gar nicht oder nur anders üben konnten. Um einsatzbereit zu sein, auch wenn sich jemand infizierte und Quarantäne galt, rückten sie nur in bestimmten Gruppen aus. Zudem liefen kaum Fortbildungen vor Ort, aber auch in der Landesfeuerwehrschule in Celle. Einschränkungen trafen nicht nur die Erwachsen, sondern auch den Nachwuchs. Das berichteten Kinderfeuerwehr- beziehungsweise Jugendwart Daniel Müller und Ben Rejmann. Sie versuchten mit Online-Veranstaltungen und Aktionen, den Nachwuchs bei der Stange zu halten. Mit beschränktem Erfolg. Trotzdem bleiben alle optimistisch, Wissenslücken zu füllen und auch wieder Nachwuchs zu gewinnen.
Neben Corona trifft auch der Ukraine-Krieg die Blauröcke. Es dauere länger, bis bestellte Fahrzeuge in Lüneburg eintreffen, sagte Diesterhöft: Produzent MAN lässt Kabelbäume in der Ukraine herstellen. Doch das Werk musste schließen, die Folge seien drei Monate Kurzarbeit in der deutschen Fabrik gewesen -- am Ende kommen Drehleitern und Löschfahrzeuge Monate, wenn nicht Jahre später bei den Kunden an. Das ist nicht alles: "Die Preise explodieren." Die Auswirkungen haben es in sich. Denn mehrere Akteure bauen an einem roten Koloss. Zunächst stellen Anbieter wie Mercedes oder eben MAN Fahrgestlle her, weitere Partner sind für Aufbauten zuständig, die nächsten liefern die Ausrüstung. Da hat jede Feuerwehr für ihre Anforderungen eigene Vorstellungen. Eben das zu takten sei unter den aktuellen Bedingungen schwierig und teuer. Ausschreibungen für Neubauten werden abgebrochen.
Bei allen Wirdrigkeiten: Auf die rund 240 Aktiven in der Mitte, Oedeme, Rettmer und Häcklingen ist Verlass. Wie seit Jahrzehnten. Und es tat gut nach der offiziellen Versammlung endlich wieder bei Braten, Kartoffelgratin, Bier oder Limo zusammenzusitzen und ein Stück Normalität zu fühlen. Die war im Nu da: Eine Truppe rückte aus, weil Windböen drohten, im Roten Feld einen Baum auf ein Auto stürzen zu lassen. Einsatz, Ehrensache. Carlo Eggeling
Ehrungen und Beförderungen nehmen die Ortswehren bei ihren Verammlungen vor.
Die Fotos zeigen die Versammlung an der Lise-Meitner-Straße, Einsätze am Springintgut, am Hagemannsweg, beim Absturz einer Maschine am Flugplatz, am PKL, an der Ratsbücherei und am Eichenwald.
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