Uelzen, am Montag den 18.08.2025

LoCarlo: Es ist schon eigen, dass sich die Verwaltung über Ratsbeschlüsse hinwegsetzt.

von Winfried Machel am 03.09.2022


Meine Woche
Lüneburg

Es ist schon eigen, dass sich die Verwaltung über Ratsbeschlüsse hinwegsetzt. Gleich zweimal: Zum einen läuft das auf mehrere Jahre angelegte Programm "Pflanz' Deinen Baum" in diesem Jahr nicht. Zweimal hatten Bürger ihre Eiche oder Buche setzen beziehungsweise Geld geben können. Nun ist das überraschend vorbei. Man habe eine andere Idee, welche wolle man aber nicht verraten, hieß es auf Nachfrage im Rathaus.
Der zweite Punkt dreht sich um Lüneburgs Gründung: Ohne Solequell, im Jahr 956 erstmals erwähnt, gäbe es die Stadt nicht. Das Salzmuseum soll saniert und erweitert werden, entsprechende Beschlüsse hat der Rat zweimal gefasst, überdies wurde unter anderem durch Vermittlung des damaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Eckhard Pols in Berlin eine Millionen-Förderung eingeworben. Nun heißt es aus der Bauverwaltung: Geht nicht, zu kompliziert, nicht zu leisten.

Zweimal wurde der Rat nicht informiert und eingebunden. Zweimal handelt die Bauverwaltung eigenmächtig. Zweimal war klar: Da steht reichlich Ärger an. Zum einen, weil in einer Demokratie die Politik entscheidet und die Verwaltung ausführt -- der Souverän kann so ein Gebaren nicht hinnehmen. Zum anderen, weil es bei der Saline um Lüneburgs Identität geht. "De Sulte dat is Luneborch", hieß es im Mittelalter. Es dreht sich um ein Museum, das trotz einer in die Jahre gekommenen Ausstellung seit 1989 die besten Besucherzahlen der Region generiert: zeitweilig 60 000 Gäste per anno.

Eine erfahrene Baudezernentin wie Heike Gundermann, seit einem Vierteljahrhundert im Amt, weiß das. Trotzdem geht sie diesen Weg. Warum? Vielleicht weil sie glaubt, dass sie das kann?

Wo aber bleibt hier die personell aufgestockte Kulturabteilung, die bei der Museumsfrage ganz laut sein muss? Wieder ist kein Ton aus den Büros zu hören wie schon beim Kultursommer, den ein paar Anwohner so drangsaliert und kleingedrückt haben, dass er droht zu verkümmern und damit ein wichtiger Teil eines Lebensgefühls der städtischen Gesellschaft.

Gibt es kein Frühwarnsystem? Schlagen der Führungsstab im Rathaus und erfahrene Parteifreunde der Oberbürgermeisterin keinen Alarm? Der Unmut in Förderverein, Museumsstiftung und Parteien richtet sich gegen die Chefin, gegen Claudia Kalisch. Die Frage liegt nahe: Wer lässt sie ins offene Messer laufen oder sieht das niemand aus ihrem Kreis? Spürt sie die Gefahr nicht selber?

Es kann jetzt nur darum gehen, beide Projekte -- das eine wichtig wegen des Klimawandels, das andere für das Selbstverständnis der Salzstadt und den Tourismus der ganzen Region -- nicht gegen die Wand fahren zu lassen. Da ist bei aller Kritik Unterstützung gefragt.

Es geht um Lüneburg und seinen Pulsschlag.
Darum geht es auch in kommenden Monaten, in denen uns Gas-, Strom- und Einkommenskrise begleiten und fordern. Das wird hart, ohne Frage. Einschränkungen kommen auf viele zu. Man kann daraus in einem Ton, der an glücklicherweise lange vergangene Zeiten erinnert, eine Charakterfrage machen, mit dem Tenor, ob wir selbstsüchtig, mit harten Ellenbogen, oder mitfühlend und solidarisch durch den Winter gehen. Bei aller Anteilnahme mit den Menschen in der Ukraine muss man etwas gegen diese drückende Stimmung tun, die einem überall begegnet: beim Einkaufen, beim Sport, im Job, in der Kneipe.

Es macht etwas mit uns, wenn beispielsweise in den Adventstagen keine Kirchen leuchten, keine Giebel im Licht erstrahlen. Die Aktion von Unternehmer Ralf Elfers und Grafiker Thomas Laukat war groß, als sie in den harten Corona-Tagen Gelbe Leitern an Geschäftsleute verteilten. Das brachte kaum mehr Umsatz, aber Gemeinschaft und Mut.
Teelichte in Gläsern und Butterbrottüten, die in Schaufenstern und Eingängen funzeln, wäre eine Idee. Warmer Saft und Glühwein vor Tannengrün eine andere. Ab und an Schüler der Musikschule an den Ecken der Innenstadt mit ein paar Liedern. Etwas, was günstig und ohne viel Aufwand umzusetzen ist. Etwas zum Mitmachen.

Aber das haben das ausgemergelte Stadtmarketing und die weggenickte Handelsorganisation LCM samt ihres Vorsitzenden Heiko Meyer bestimmt im Blick und überraschen uns. Ideenreicher als mit den Sülfmeistertagen ohne Wettkampf-Programm, aber mit einem verkaufsoffenen Sonntag und Budenzauber.

Lüneburg fordert uns. Lüneburg ist das wert.
Carlo Eggeling

© Fotos: Carlo Eggeling


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