Uelzen, am Montag den 18.08.2025

LoCarlo: Meine Woche Boshaft

von Winfried Machel am 10.09.2022


So ein Zeitungsarchiv ist eine dolle Sache. Manche nennen es Gedächtnis. Wenn man aus der Redaktion der LZ ein Stockwerk hinabsteigt und in der Ausgabe vom 3. Januar 2020 blättert, findet der geneigte Leser auf Seite 7 rechts oben einen Beitrag. In dem Text heißt es: "Um es von Anfang an klarzustellen: Auch wenn mein Name als theoretisches Analyseergebnis fällt, ich interessiere mich nicht für eine OB-Kandidatur!" Ein paar Zeilen später: "Da gehe ich nicht bei dem nächstbesten Angebot oder gebe auf, wenn es vielleicht mal politisch schwieriger wird." Dass das Leben unversehens anders kommen kann, ist Claudia Kalisch dann einfach so passiert. Sie hat Amelinghausen total überraschend verlassen und ist heute Oberbürgermeisterin in Lüneburg.

Gestern im Netz, heute in der Zeitung lesen wir, übrigens wieder auf Seite 7, dass die Reppenstedterin, mit dem Umzug hat es leider wie damals in Amelinghausen nicht geklappt, keinesfalls über einen Wechsel nachdenkt: "Mir macht das Amt als Oberbürgermeisterin der Hansestadt Lüneburg unglaublich viel Freude. Unsere Stadt steht vor großen Herausforderungen. Gemeinsam mit dem Rat sehe ich mich in der Verantwortung, diese hier vor Ort zu lösen und die Chancen zu nutzen, unsere Hansestadt nach vorne zu bringen."

Der Hintergrund, den die Zeitung als boshaftes Gerücht von bösen Zungen gestreut einordnet, liegt darin, dass seit Wochen in der Stadt, aber auch in Hannover darüber spekuliert wird, ob die Grüne nicht bei einer zu erwartenden grünen Regierungsbeteiligung in Hannover einen neuen Posten antreten könnte. Da sie ihren Job so unglaublich gut erfülle, wäre sie doch für Höheres geeignet. Sie dementiert nun.

Wenn schon spekulieren, dann richtig. Fliegt die CDU nach dem Wahltag am 9. Oktober aus der Landesregierung, wären wahrscheinlich die Posten der Landesvertretungen neu zu besetzen. So war es nach der vergangenen Wahl, als sich SPD und CDU in Hannover zusammenfanden. Da musste die Grüne Jutta Schiecke aus dem Behördenbunker Auf der Hude ausziehen, und Monika Scherf übernahm. Die besitzt das Parteibuch der CDU und ist überdies Fraktionsvorsitzende im Rat.

Kommt nun ein Bündnis Rot-Grün an der Leine, kann es gut sein, dass Frau Scherf eine neue Aufgabe erhält, und das Büro an der Ilmenau nimmt eine neue Chefin auf. Das könnte, so der nächste Teil des bösen Gerüchts, Claudia Kalisch sein, eine Gehaltsstufe höher und ebenfalls mit Dienstwagen versehen, um die Förderbescheide über den Nordosten Niedersachsens zu verteilen. Sehr fotogen, mit Sepndierhosen immer hoch willkommen. In Verwaltungskreisen spricht man angesichts von Arbeitsaufwand und Gehalt von einem der schönsten Jobs in Niedersachsen.

Auch Kalkül ist eine selbstverständlich boshafte Unterstellung. Das Dementi bringt Frau Kalisch in neue Höhen, auf Landesebene. Wird das nichts, sammelt sie Pluspunkte für ihre Bodenständigkeit. Ach ja, zum Gerede gehört auch, Heiko Meyer, Chef der plötzlich immer wieder präsenten Handelsvereinigung LCM, könnte als Wiedergänger erneut als parteiloser OB-Kandidat antreten. Der kumpelhafte Reppenstedter ist bei Wahlkampfterminen von CDU und FDP gern dabei. Die hätten auf die Schnelle wohl niemanden, der Erfolgsaussichten besitzt. Meyer hatte vor einem Jahr ein fettes Ergebnis eingefahren.

Wie gesagt, alles Gerüchte. Trotzdem fällt einem der erste deutsche Bundeskanzler, Konrad Adenauer, ein, der sich in manchen Fragen sehr beweglich zeigte: "Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern. Nichts hindert mich daran klüger zu werden."

Gespannt dürfen wir auf die kommende Ratssitzung schauen. Da möchte die Verwaltungschefin der Politik ein neues Konzept vorlegen, mit dem ukrainische Flüchtlinge nicht mehr in Turnhallen untergebracht werden. Sie will Vermietern Geld anbieten, wenn die "brachliegenden" Wohnraum für die Menschen freigeben. Da muss gerade die SPD Fragen stellen: Was ist mit dem vorliegenden Konzept der Integration? Was ist mit der Liste der möglichen Standorte für Gemeinschaftsunterkünfte in Containern etwa nahe der KVG oder auf der Wiese zwischen Meisterweg und Hanseviertel? Was ist mit Ratsbeschlüssen zu diesem Thema? Wie erklärt man Menschen aus Afghanistan und Syrien, die vor Mord und Totschlag geflohen sind, aber auch Einheimischen mit kleinen Einkommen, dass die Ukrainer selbstverständlich Vorrang in der Ödnis des Wohnungsmarktes erhalten sollen?

Ebenfalls interessant ist auch die Frage, warum das Amt des Sozialdezernten in kleinstem Kreis um die Oberbürgermeisterin ausgehandelt wurde, dem Vernehmen nach ohne Diskussion: Es ist eine Wahl mit nur einer Kandidatin. Fein, dass sich alle so einig sind. Bestimmt falsch ist das Gerücht, dass Bewerber mit SPD-Parteibuch sofort aussortiert wurden. Alles boshaft.
Carlo Eggeling

© Fotos: Carlo Eggeling


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