Uelzen, am Montag den 18.08.2025

LoCarlo über Fachkräfte - und Zeitmangel

von Winfried Machel am 23.07.2022


Meine Woche
Mangel

Der Fachkräftemangel ist frappant, trifft uns allüberall. Bau- und Bürgeramt mussten Sprechzeiten streichen. Auch kann die Stadt keine eigenen Streetworker zu Rundgängen durchs Wasserviertel schicken. Wie gut, dass man Unterstützung findet. Die Kollegen machen zwar nachts um eins Schluss, also dann, wenn es rundum die Kaufhausbrücke unangenehm wird. Naja, man kann nicht alles haben.

Wo das Leben die Entbehrung alltäglich macht, ist es auch nicht weiter schlimm, dass die Sülfmeistertage in eineinhalb Monaten ohne Programm laufen. Die Budenstadt der Schausteller steht, doch Wettkämpfe und Umzug fallen aus. Der Marketinggesellschaft -- Sie ahnen es -- fehlt es an Personal, um alles zu organisieren. Da haben sich Aufsichtsratchefin Claudia Kalisch, Geschäftsführerin Melanie-Gitte Lansmann und die anderen im Gremium zupackend entschlossen: "Geht nicht, nächstes Jahr wieder, dann viel schöner." Wie gut, dass Gerd Bindernagel, ein zäher Marktbeschicker und sportlicher Streckenläufer, noch ein Jahr als Sülfmeister Gerd I. dranhängt, das dritte. Wahrscheinlich fände er keinen Ersatz. Personalmangel.

Der Beach im Lünepark und der Kultursommer erleben ebenfalls ihre letzte Saison. Anwohnern ist es zu laut, da kann man nichts machen. Ruhe geht vor. Und die Oberbürgermeisterin hat auch viel zu tun. Deshalb hat sie sich wahrscheinlich kaum Muße, um sich mit klarem Standpunkt für die zu äußern, die trotz aller Mängel etwas auf die Beine stellen.

Vor ein paar Wochen hatte die Rathauschefin stolz verkündet, ihre Kulturabteilung verstärkt zu haben. Die wird nun von zwei für Verwaltungsverhältnisse recht gut dotierten Damen geführt, von denen hört man allerdings nichts zu diesem Thema. Ebenfalls kein Wort aus der neuen Stabsstelle, die sein musste, um den Wandel in der Stadt voranzubringen. Klar, auch da Personalmagel, mutmaßlich weil eine wichtige Frau gegangen ist. Dem Vernehmen nach ein besserer Job, mehr Anerkennung.

Dass mit der neuen Dezernentin, die neben Sozialem auch die Kultur übernehmen sollte, hat leider, leider nicht geklappt. Ganz überraschend hatte die einzige Kandidatin für den Posten kurz vor ihrer Wahl im Rat abgesagt, obwohl die Oberbürgermeisterin zuvor ein vertrauensvolles Gespräch geführt haben will, wie Frau OB uns in einer Pressemitteilung wissen ließ. Aus "persönlichen Gründen" sei die Fachkraft an alter Wirkungsstätte geblieben. Kann mal passieren. Von neuen Aspiranten ist offiziell keine Rede. Nachfragen gingen zu weit, hat man mir neulich erklärt.

Die Oberbürgermeisterin hat's nicht einfach, reichlich zu tun. Deshalb bleibt sie vermutlich oft nur kurz mit der Begründung: "Ich muss zum nächsten Termin." Kaum Zeit für eine inhaltliche Diskussion. Leider. Ein Aufsichtsratsvorsitzender einer städtischen Einrichtung hat mir erzählt, dass er Anfang des Jahres um ein Treffen gebeten habe. Im September soll es klappen. Was ist schon ein Dreivierteljahr? Ein Foto mit Leihfahrrädern in Ochtmissen, eins auf einem Elektro-Lkw der städtischen Abwassergesellschaft, eins auf einem Stück Strampelstrecke im Kurpark und gaaaaaanz viele Facebook-Posts -- alles muss sie selber machen. Man kann nur ahnen warum: Personalmangel.

Personalmangel. Das Problem treibt bei Bahn und Metronom um. Zu wenig Lokführer, obendrein zu wenig Gleise. Aber dafür das Neun-Euro-Ticket. Da fahren viele mal los, Senioren und Teenager sitzen in Waggons in Richtung Ostsee, Hamburg und sonst wohin. Ich habe in der taz gelesen, dass gehe gar nicht: "Schnäppchenjäger." Klingt verachtend. Alles zusätzliche Fahrten, der CO2-Bilanz bringe die neue Mobilität nichts. Von wegen Omas und Opa for Future. Ich warte auf Chöre aus der taz-Redaktion am Bahnhof: "Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut."

Einige Silberrücken lassen dafür sicher ihre Autos stehen. Mir hat gefallen, wie begeistert mein Vater von seinem Ausflug an die Alster erzählt und von der Möwe, die ihm in Travemünde vor einer Kneipe die Gräten seiner Scholle stibitzt hat. Aber vermutlich kann der Umweltbewusste selbst darin einen Öko-Frevel zu Lasten der Möwe erkennen. Kann ich nicht beurteilen, ornithologisch bin ich nicht sattelfest. Aber ist es nicht wunderbar, wenn Menschen, die wenig Geld haben, sich einen Sommerlang solche Ausflüge leisten können? Die vollen Züge nerven, doch sie sind der Beleg, dass das Land gerne reist: Neues kennenlernen, Spaß haben -- mit der Bahn zu anderen Zielen. So und so.

Zu anderen Zielen will auch Lüneburg. Kann etwas dauern. Personalmangel. Vielleicht muss sich die Personabteilung überlegen, wie sie mit attraktiven Angeboten Leute lockt. Aber wie? Wahrscheinlich herrscht selbst in diesem Ressort Personalmangel. Kann man, Pardon, frau nichts machen.
Carlo Eggeling

© Fotos: Carlo Eggeling


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