Uelzen, am Montag den 18.08.2025

Meine Woche — Optimismus

von Carlo Eggeling am 08.04.2023


Meine Woche
Bonne Chance

Das ist ein dolles Ding, der Landkreis möchte die öffentliche Mobilität zwischen Rehrhof und Reeßeln übernehmen, um zu bestimmen, wo es langgeht. Eine eigene Gesellschaft ist gegründet. Es klingt alles famos: Fahrpläne selber bestimmen, Fuhrpark erneuern, Abstimmungen mit der Landesnahverkehrsgesellschaft vereinfachen, ein genauer Überblick über Kosten und Auslastung. Schöne neue Welt.

Weil die Politik mutig ist, kündigte sie die Verträge mit dem bisherigen Anbieter KVG zu Ende 2025. Bis dahin muss die Gesellschaft alles selber auf die Beine gestellt haben. Die neuen Chefs glauben an das Gute und damit an Partner, die dem ambitionierten Landkreis hilfreichst zur Seite stehen.

An der Spitze steht der scheidende 1. Kreisrat als Geschäftsführer. Ziel solle es sein, schlussendlich eigene Busse und eigenes Personal zu besitzen. Ich habe gelesen, wie Jürgen Krumböhmer es sieht: "Die Subunternehmer müssen auch ihre eigenen Betriebshöfe mitbringen, einer der schwierigeren Punkte bei einem späteren eigenen Fuhrpark. Wenn wir mit einem Subunternehmer sehr zufrieden sind, können wir dieses Konstrukt aber auch erst einmal beibehalten." Auch die KVG könne sich ja bewerben, obwohl man mit der momentan unzufrieden sei.

Mir scheinen -- bei aller Begeisterung -- einige "schwierige Punkte" vor Herrn Krumböhmer und seinen künftigen Mitarbeitern zu liegen. Wo sollen die vielen Bewerber mit reichlich ökologisch ausgezeichneten Bussen und ausreichendem Personal herkommen? Irgendwo meine ich gehört zu haben, dass es an Fahrern und Fahrerinnen mangelt. Wo liegt der Betriebshof samt Außenstellen, den man braucht, um das Kreisgebiet abzudecken? Wo sind die Fachleute, die verstehen, wie man den ÖPNV betreibt? Und warum sollte die KVG dem Landkreis gewaltig entgegenkommen, wenn der am Ende doch nicht aus einem Strauß von Bewerbern die genehme Blüte pflücken kann? Hat irgendjemand kalkuliert, was es kostet, auf der Rolle zu sein? Wo holen die Kreistagsstrategen die Millionen her, die es kostet, dass man stündlich, auch am Wochenende von Reeßeln zum Rehrhof kommt?

Ich meine, mich dunkel zu erinnern, dass man im Kreishaus schon ein großes Projekt anging. Arena. Wurde am Ende etwas teurer, vieles musste man während des Baues nachjustieren, irgendwie wechselten die Planer, mit den Betreiber ging´s hin und ging´s her, länger gedauert hat auch alles. Herr Krumböhmer, der zunächst verantwortlich zeichnete, musste sich einige Fragen und so gar ein Verfahren gefallen lassen, das am Ende für ihn ausging.

Bleiben wir optimistisch und denken an Oscar Wilde: "Am Ende wird alles gut, und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende."

Optimismus habe ich diese Woche an ungewohnter Stelle erleben dürfen. In der Bahn. Ich bin mit einem Kollegen von Hamburg nach Köln gefahren. ICE. Super gut. Der Zugchef war selber begeistert. "Wir sind pünktlich, ganz ungewohnt für die Bahn." Das galt bis Münster. Bei Gelsenkirchen war dann Schluss: "Jetzt erleben Sie wieder die Bahn, wie Sie sie kennen." Der Zug stand. Es ging weiter, ein Stückchen. Wieder Stillstand. 300 Meter voran. Stillstand. Dann: "Wir fahren zurück nach Gelsenkirchen." Der Lokführer wechselte ans Ende. "Jetzt geht es doch weiter." Der Lokführer ging an uns vorbei wieder nach vorn. Applaus, weil der arme Kerl nichts für die Malaise konnte.

"Wir wissen auch nichts", sagte der Zugchef, der auf Informationen aus seiner Zentrale hoffte. Via Internet wussten er und wir dann: Irgendwo ein Waggon aus den Gleisen gesprungen, die Strecke blockiert. Unserer Schienenstrang der Ausweich für ganz NRW, leider war hier ein Stellwerk im Eimer. Der Zugchef offensiv hilflos, das machte ihn ungemein sympathisch. Am Ende kamen wir mit 220 Minuten Verspätung am Rhein an.

Der Zugführer sagte schließlich: "Es gibt Tage, an denen möchte ich mich erschießen. Aber wissen Sie, das nutzt Ihnen nichts, und meine Frau wäre auch traurig." Er hielt und hält aus, wie seine Kollegen. Mein Held des Alltags. Humor, der hilft zu überleben. Auch uns.

Ich glaube, in Bussen und Bahnen braucht man viel davon. In Lüneburg haben wir Könner. Bonne chance.

Frohe Ostern. Es ist ein optimistisches Fest. Nach dem Leiden Auferstehung und Hoffnung. Immerhin. Carlo Eggeling

© Fotos: ca


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