Meine Woche — so viel Positives
von Carlo Eggeling am 13.05.2023Meine Woche
Unfug. Flexibel und positiv
Ein guter Bekannter von mir ist der Überzeugung, es sollte nur noch gute Nachrichten geben, die täten dem Zusammenleben in der Stadt gut. Zudem lese ich in Kommentaren, es herrsche zu viel Streit, da sei es schwierig für die Verantwortlichen im Rathaus, Anliegen nach vorne zu bringen. Also positiv bleiben. Deshalb war die gute Nachricht der Woche: Das Wohnprojekt Unfug zwischen Waldfriedhof und Konrad-Adenauer-Straße bleibt. Neben dem Haus, das gerade saniert wird, dürfen Wohnwagen bezogen werden. Eine Duldung, so heißt das formal, durch die Verwaltung bestätigen Unfug und die Verwaltung. Noch eine gute Nachricht: Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch löst damit ein Wahlversprechen ein.
Das Drittschönste an alldem ist, dass Lüneburg an dieser Stelle mit dem Vorurteil aufräumt, Bürokratie sei so beweglich wie ein Findling nach der Eiszeit. Nein, Verwaltung und damit Baudezernentinnen und Ordnungsdezernenten können sich gewaltig drehen. Vor drei Jahren waren Brandschutz, ein Flächennutzungsplan und die Nähe zu einem Landschaftsschutzgebiet K.O.-Faktoren für das Dutzend Bewohner: Die im Haus durften bleiben, die in den Wagen mussten weichen.
Im Februar 2020, nur so als Erinnerung in unserer schnelllebigen Zeit, hatten Unfug-Anhänger begleitet von dem damaligen linken Ratsherren Christoph Podstawa im Rat Bambule gemacht. In der LZ hatte der inzwischen abgewanderte Chefredakteur Marc Rath notiert: "Zuvor hatten Mitglieder und Sympathisanten des Wohnprojekts 'Unfug' diesem Namen mehr als 'alle Ehre' gemacht: Beleidigungen gegen einzelne Redner, Geschrei bis hin zum Skandieren und Entrollen eines Transparentes aus dem Zuschauerraum — befeuert aus den Reihen der Linke. ... Christoph Podstawa und Co. haben sich mit ihrem Aktionismus nicht nur disqualifiziert. Es ist die Frage, welche Konsequenzen dieses undemokratische Gebaren hat. Eine bloße Entschuldigung reicht hier nicht aus. Und Podstawa muss sich wohl überlegen, ob der Rat für ihn der richtige Platz ist."
Stadtbaurätin Heike Gundermann hatte in derselben Sitzung erklärt: Eine Änderung des F-Plans sei nach der Rechtslage nicht möglich, weil die Fläche im Außenbereich liegt. Angrenzend befindet sich Wald, der auch als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen ist. Der Verwaltungsausschuss habe deshalb mit großer Mehrheit entschieden, dass es keine Änderung des F-Plans geben und man keinen Bebauungsplan verfolgen würde.
Frau Gundermann ist noch immer Stadtbaurätin. Nun blicken sie und die Politik offenbar anders auf die Welt. Ich habe im Rathaus nachgefragt und zweimal gebeten zu erklären, warum die Bauverwaltung nun zu einer anderen Einschätzung gelangt. Statt einer konkreten Antwort kam das: "Im Rahmen der von ihnen übernommenen Verkehrssicherungspflicht müssen die Bewohnenden von Unfug die an die Bauwagen angrenzenden städtischen Waldflächen bis auf die doppelte Baumlänge zweimal jährlich durch Fachpersonal kontrollieren und etwaige Gefahrenquellen in Abstimmung mit der Stadt beseitigen. Außerdem müssen Feuerungsanlagen und dergleichen vor ihrer Inbetriebnahme durch den Schornsteinfeger abgenommen werden."
Aha. Ein paar Zweige absammeln, Baumpflege, längere Schornsteine mit Gittern gegen Funkenflug auf den Bauwagen, so laut Unfug die Auflagen — das wäre vor drei Jahren nicht gegangen? Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch nimmt auf die Nachfrage Stellung, nicht Baudezernentin Gundermann. Die Oberbürgermeisterin sagt: „Wir haben viele Gespräche geführt und haben am Ende konstruktive Lösungen gefunden, die zum einen unseren Bedenken gerecht werden und zugleich den Bewohnenden von Unfug entgegenkommen. Dabei haben wir den Ermessensspielraum genutzt, der uns als Verwaltung in diesem konkreten Fall zur Verfügung stand. Das Ganze war ein längerer Prozess und wir sind froh, hier nun zu einem guten Ergebnis für beide Seiten gekommen zu sein."
Das freut auch den Bauausschussvorsitzenden Jens-Peter Schultz, ein wackerer wandelbarer Sozialdemokrat, der berichtet, im Ausschuss habe es viel Zustimmung gegeben: "Wir wollen keine Eskalation wie damals bei der Sitzung in der Christiani-Schule." Wir wissen ja, Streit ist doof und nicht positiv.
So kann's gehen. Bei Unfug nennt es ein Sprecher so: "Es gab einen Wandel in der politischen Kultur."
Niemand sagt es, aber der eigentliche Wandel liegt wohl darin, der alte Oberbürgermeister Ulrich Mädge und seine Bedenken sind Geschichte. Also kann frau und man immer noch Fachleute führen, aber von denen eben andere Ergebnisse erwarten. Mal sehen, welche Wandlungen die Gefolgsleute von einst als Gefolgsleute von heute den Bürgern noch bescheren.
Und selbstverständlich die besten Wünsche an Unfug. Das Ganze wirkte bei Besuchen sehr entspannt, friedlich und bunt. Ein guter Farbtupfer für Lüneburg. Das muss ich betonen, um noch einmal positiv zu bleiben.
Ich wünsche ein gutes Wochenende. Das Wetter ist ganz wunderbar. Überall was los. Wirklich positiv. Carlo Eggeling
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