Uelzen, am Montag den 18.08.2025

Rache als Schicksal?

von Christiane Bleumer am 18.01.2016


Phong Le Thanh als Orest und Claudia Rietschel als seine Schwester Elektra in der Orestie.

Vater Agamemnon, Mutter Klytämnestra und Tochter Iphigenie sitzen gemeinsam am Tisch. Doch es ist keine Familienidylle, die sich hier offenbart. Auf der blutroten Tanzfläche wird sich vielmehr in den nächsten knapp zwei Stunden ein antikes, griechisches Drama abspielen, in dem es vor allem um Mord, Tod und Rache geht. In beeindruckenden Bildern erzählt Olaf Schmidt in seinem neuem Tanzstück, das gestern, am 16. Januar, Premiere im Großen Haus des Theater Lüneburg feierte, mit der Orestie die älteste Trilogie der Literaturgeschichte.

Vor gut 2500 Jahren schuf Aischylos eine Familiensaga, die von Leidenschaft und Liebe und von Schuld und Sühne erzählt. Ursächlich dafür ist ein Fluch, der seit Generationen über der Familie liegt – ein guter Stoff für Tragödien. Wer allerdings in der Welt der griechischen Dramen nicht ganz so sattelfest ist, sollte nicht versäumen, vorher die Einführung zu hören oder das Programmheft genau zu lesen.

Olaf Schmidt greift die antike Geschichte auf. Er erzählt von Agamemnon (Wallace Jones), der seine Tochter Iphigenie (Harumi Washiyama) umbringt und damit den unbändigen Hass seiner Frau (Giselle Poncet) auf sich zieht. Dieser mündet schließlich erst in der Ermordung Kassandras, der geliebten Agamemnons und schließlich in seinem Tod. Düstere Bilder voller Schicksalhaftigkeit haben Dramaturgin Christina Schmidt Kostümbildnerin Claudia Möbius und die Bühnenbildnerin Manuela Müller für diesen Ballettabend ersonnen. Sie ergreifen den Zuschauer sofort, geht es doch um archaische Gefühle, die auch unter der Oberfläche der Zivilisation immer noch lauern.

Im zweiten Teil dieses Abends, der einmal mehr zeigt, zu welchen Höhenflügen das Ballettensemble fähig ist, kommt Orest als Sohn der Familie ins Spiel, der, aus der Fremde zurückkehrend, nun seine eigene Mutter und deren Liebhaber töten wird. Dem Fluch folgend, müsste nun eigentlich Orest das nächste Opfer sein, das für seine Tat zu büßen hätte, doch ein Gott will den Kreislauf der Gewalt stoppen und fordert eine Gerichtsverhandlung für ihn. Eine neue Idee, die erstmals die Werte der Demokratie ins Spiel bringt.

Zehn Tänzer aus neun Nationen prägen mit ihrer beeindruckenden Leistung den Abend. Und wer als Zuschauer gebannt dem Geschehen folgte, konnte leicht den Eindruck gewinnen, es sei mindestens die doppelte Anzahl auf der Bühne zu sehen. Es ist ein Team, das eine bemerkenswerte Einheit zeigt und die Choreografie eindrücklich umsetzt. Zur Musik von unter anderem Philip Glass, Peteris Vasks und Richard Wagner, herausragend gespielt von den Lüneburger Symphonikern, konnten die Besucher ein Tanzstück erleben, das das begeisterte Publikum zu Beifallsstürmen animierte.

Vorstellungen am: 22.01. 20 Uhr / 24.01. 19 Uhr / 27.01. 20 Uhr / 12.02. 20 Uhr / 14.02. 19 Uhr / 18.02. 20 Uhr / 26.02. 20 Uhr / 28.02. 15 Uhr / 01.03. 20 Uhr / 12.03. 20 Uhr / 06.04. 20 Uhr / 01.05. 19 Uhr Einführung jeweils 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn

© Fotos: t&w / Andreas Tamme


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