Uelzen, am Montag den 18.08.2025

Wenn rechts uns nahe kommt

von Carlo Eggeling am 04.11.2023


Kommentare sind eine gute Sache, sie gehören zum Kern der Medien. Immer gut, wenn Leser mal staunen können. Mir ging es neulich so, als ein Kulturredakteur KEIN Plädoyer für das ums Überleben kämpfende Theater abgab, sondern auf ein Gutachten verwies und für gut befand, dass es drastische Kürzungen beleuchtet und empfiehlt. Ein Feuilletonist, der sich nicht zu Mozart, Johann Strauss, Franz Lehár und für Lüneburg Robert Stolz bekennt. Wow, das ist mal mutig und ungewohnt. Aber vielleicht schreibt er nicht gern drüber, solche Abende sind lang. Ansichtssache, denke ich.

Ein anderer Kollege erklärt uns heute: "Keine Angst vor der AfD". Beachtlich, wenn die Partei bei Umfragen im Osten bei mehr als 30 und im Westen bei gut 20 Prozent liegt. Das Rezept des Kollegen lieferte angeblich der Kreistag, der zwischen 2016 und 2021 ohne politische Mehrheiten agierte mit einer "interfraktionellen Zusammenarbeit, wie sie es bis dahin nicht gegeben hatte. Auch die AfD war dazu eingeladen." Doch "die Fraktion um den Amelinghausener Stephan Bothe (hat) die Einladung ausgeschlagen, dennoch ist der Weg richtig". Der entzaubere die AfD.

Beachtlich, die "AfD einladen". Ob der Kollege Chefredakteur weiß, wo der Amelinghausener unterwegs ist? Bothe selber hatte eine Anfrage an die Landesregierung gestellt und im April 2023 diese Antwort erhalten, nachzulesen in der taz:

>>„Der Niedersächsische Verfassungsschutz hat bisher keine aktive Distanzierung von zentralen Akteuren“ des Landesverbandes „gegenüber bundesweit auftretenden radikalen und extremistischen Kräften und Positionen“ feststellen können. Und Bothe selbst wird als Beleg für die Relativierung von Reichsideologien angeführt: Nach der Razzia gegen das Terrornetzwerk um Heinrich Prinz Reuß führte Bothe aus, die Maßnahme sei ja „nach Art des Hauptmanns Köpenick“ gelaufen und auf Bestellung von Medien werde diese „hochgeputsche Realsatire eines angeblichen Staatsstreichs von ein paar älteren Herrschaften“ genutzt, um ein AfD-Verbot zu thematisieren. Diese Kommentierung lasse keine Distanzierung erkennen, so die Landesregierung.<<

Wenn der Chefredakteur schreibt, darf man davon ausgehen, dass dies die Linie des Verlages ist. Oder? Man sollte doch aus der eigenen Geschichte der 1930er und 1940er Jahre gelernt haben. Bislang stand das außer Frage. Für den Stadtrat empfiehlt der Chef: Die anderen Ratsparteien sollten eng zusammenarbeiten, sich nicht so viel streiten und weniger Anfragen und Anträge stellen.

Zuende gedacht ist man am Ende sicher nahe an der AfD. Deren Vertreter wie der Thüringer Björn Höcke, vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingeschätzt und seit Anfang 2020 überwacht, finden das Ein-Parteien-System von 1933 bis 1945 ziemlich gut. Da gab es keinen Streit mehr, sondern Lager -- für die anderen.

Sehen wir es positiv. Wenn sich alle liebhaben, bräuchte es auch keine Journalisten mehr. Pressemitteilungen aus Rat- und Kreishaus reichen doch. Ich glaube, nach so einer Kolumne bekommt es die AfD jetzt richtig mit der Angst zu tun. Parteien und Presse gemeinsam -- mehr geht nicht.

Dunkle Augen, dunklere Haare und Haut, finstere Gedanken. Es scheint für viele inzwischen eine eindeutige Verbindung zu sein. In den asozialen Medien, aber auch in der Politik lesen und hören wir reichlich davon. Wer nach Deutschland kommt, will an unser Geld. Ich würde sagen, er möchte ein besseres Leben. Dass viele kommen, dass unser Land und Europa deshalb vor großen Herausforderungen steht, ist klar. Ebenso klar ist eigentlich allen, dass weder Deutschland noch Europa jeden aufnehmen kann, der kommen möchte.

Wir erleben absurdes Theater. Vertreter jeglicher politischen Couleur überbieten sich mit Forderungen, wie man Habenichtse und Verfolgte aus aller Welt aufhalten kann. Mein Lieblingsbeispiel ist der Ersatz von Geld- zu Sachleistungen. Ältere erinnern sich, das gab es schon einmal. Gebracht hat es nichts, außer mehr Arbeit. 2013 wollte Niedersachsen "eine Wende der Asyl- und Flüchtlingspolitik". Allerdings änderte das Innenministerium seine Haltung recht schnell wieder: Die Kommunen durften wieder entscheiden, ob sie Gutscheine verteilen oder den Menschen Bares in die Hand drücken wollten. Fast alle entschieden sich für Geld, weil der bürokratische Aufwand bei Gutscheinen riesengroß war.

Einmal im Netz geklickt bei tagesschau.de zur Haltung heute: "Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hält eine die Umstellung auf Sachleistungen für nicht zielführend. Sie sei schwer umzusetzen, erzeuge Bürokratie und werde den Personen mit Bleibeperspektive nicht gerecht, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts müsse ein Taschengeld ohnehin gezahlt werden."

Es wirkt also markig, macht aber wenig Sinn. Wer soll an der Supermarktkasse zudem befinden, ob jemand Mehl und Schokolade erhält, aber aber etwas anderes nicht? Es gab vor zehn Jahren den Soli-Tausch. Der Einheimische nahm den Gutschein und gab demjenigen dafür Geld. Nebenbei: Wer unbedingt Geld braucht, weil er seine Familie zu Hause unterstützen will und muss, geht vielleicht andere Wege.

Ein Kanzler, der so mitteilsam wirkt wie Mönche beim Schweigegelübte, erzählt dem Spiegel, dass er konsequenter abschieben will. Aha. Wie denn, wen denn? Sicher keine Massen. Noch einmal tagesschau.de: "Laut Ausländerzentralregister waren Ende 2022 rund 304.000 Menschen ausreisepflichtig, davon etwa 248.000 mit einer Duldung. Geduldete sind Menschen, die zwar ausreisepflichtig sind, aber aus bestimmten Gründen nicht abgeschoben werden können. Das kann etwa daran liegen, dass sie keine Ausweisdokumente haben, krank sind oder ein minderjähriges Kind haben, das eine Aufenthaltserlaubnis besitzt." Dazu kommen Länder, die sich weigern, ihre Leute zurückzunehmen.

Ob das hilft, der AfD Paroli zu bieten und sich deshalb mit Forderungen zu überbieten, die man am Ende nicht erfüllt? Die lehnt sich zurück und sagt: Die schaffen's eh nicht.

Mich haben gerade drei Friseure beeindruckt, einer aus Algerien, einer aus Jordanien und einer wohl aus Syrien. Einer lernt gerade Deutsch. Als mein Kopf wieder kahl war, kam er mit seinem Handy: "Meine Hausaufgabe", stand da. Der Unterschied zwischen Präsens und Perfekt, also Gegenwart und vollendete Gegenwart.

Wie seine Kollegen findet er es wichtig, die Sprache zu können, um zu verstehen, was die Kunden wollen, was die Menschen um ihn herum sprechen. Er wolle ja hier sein Geld verdienen, um mit seiner Familie in Deutschland leben zu können. Eine Selbstverständlichkeit, findet er. Seinen Job erledigt er bestens. Gut, dass er da ist. Carlo Eggeling



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